Die Gerd-Show – 1. Akt

Die Bundesregierung muss sich dem Vormachtstreben der USA widersetzen. (…) Bei Licht betrachtet, erweist sich die Konfrontationspolitik als Strategie des amerikanischen Kapitals, die letze sozialdemokratisch geführte Regierung in Westeuropa zu beseitigen.“ Das schrieb der Jusos-Vorsitzende und heutige Bundeskanzler Gerhard Schröder 1980 in dem Polit-Magazin konkret. Dieses heute wieder so passende Zitat hat der Focus ausgegraben, der mit seinem Leitartikel der letzten Woche („Des Kanzlers Trümmer„) die antiamerikanische Haltung Schröders thematisiert.

Betrachtet man die einzelnen Aspekte der deutschen Aussenpolitik, so lässt sich eine gewisse Abneigung Schröders gegen die USA nicht leugnen. „Rechnet nicht damit, dass Deutschland einer den Krieg legitimierenden Resolution zustimmt„, so Schröder am 21. Januar bei einer Wahlkampfveranstaltung in Goslar. Da Schröder aber kein Pazifist ist, denn in seiner Amtszeit haben erstmalig in der Geschichte der Bundesrepublik Soldaten der Bundeswehr an einem Kampfeinsatz ausserhalb des eigenen Landes teilgenommen, muss das kategorische Nein einen anderen Hintergrund haben.

Zum einen wäre da der Grund für den Krieg: Auf dem Baltikum ging es um Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die Deutschland an die Geschehnisse des Dritten Reichs erinnern mussten, im Irak geht es um vermutete Massenvernichtungswaffen, einen lästigen Diktator und Öl.

Öl

Zwar haben wir die eigene Ölversorgung zu sichern, aber nicht mit Kanonenbootpolitik„, so Gerhard Schröder in seiner Eröffnungsrede des Jusos-Kongresses in Hannover am 30. Mai 1980. Nun ist die UdSSR zerbrochen und Deutschland pflegt ein gutes Verhältnis zu Russland. Da dürfte die deutsche Ölversorgung relativ sicher sein. Anders stellt sich die Situation für die US-Amerikaner dar. Seit dem Golfkrieg 1991 dürfen US-Unternehmen mit dem Irak keine wirtschaftlichen Verbindungen eingehen und die UNO hatte die Fördermenge für den Irak auf maximal 10 Milliarden US$ begrenzt.

Unternehmen anderer Nationen, allen voran Frankreichs Elf, haben allerdings die Zeit nutzen können, um Verträge über Förderrechte für die Zeit nach den UNO-Sanktionen abzuschließen; der Markt ist also aufgeteilt. So erklärt sich auch die ablehnende Haltung Frankreichs zum Irakkrieg, denn sie würden wohl zumindest einen Teil der bereits ausgehandelten Förderrechte an die USA abtreten müssen.

Massenvernichtung

Israel hat Angst vor dem Irak, berechtig, wenn man sich an die Raketenangriffe aus dem Golfkrieg erinnert. Die enge Verbundenheit zwischen Israel und den USA dürfte ein weiterer Grund sein, weshalb der Krieg unausweichlich scheint.

Hinzu kommt, dass der Irak seine waffentechnischen Entwicklungen auch verkaufen würde, wodurch für die USA eine weitere Bedrohung entstehen würde.

Krieg

US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld verkündete gestern, dass der Truppenaufmarsch in der Golfregion soweit abgeschlossen sei, dass der Krieg beginnen könnte. Die Medien schätze, dass rund 150.000 amerikanische und britische Soldaten sowie 6 Flugzeugträger in die Region verlegt wurden. Und in den USA berichten Zeitungen bereits, dass der Krieg beschlossen sei und in wenigen Tagen beginnen würde.

UN-Sicherheitsrat

Zwar hat US-Präsident George Bush kein Hehl daraus gemacht, dass ein Angriff auch ohne Zustimmung der UNO erfolgen würde, aber in den letzten Monaten hat sich die Bush-Administration um eine Zusammenarbeit mit dem UN-Sicherheitsrat bemüht. Und so hatte Hans Blix, Chef der Inspekteure, auch noch einen weiteren Aufschub und mehr Unterstützung bekommen. Und offensichtlich lohnt sich die Suche: Blix fand El-Samud-2-Raketen, die weiter fliegen, als die UN erlaubt, und verlangte, dass deren Zerstörung bis zum 1. März beginnen müsste. Der Irak jedoch hült sich diesbezüglich in Schweigen.

Die Show kann beginnen

Nachdem Schröder fast alle Wahlversprechen in der einen oder anderen Form aufgeweicht hat, widmet er sich nun der behutsamen Rolle rückwärts in der Frage des Irakkriegs. In einer Erklärung der EU- und der Beitrittsstaaten, die auch Schröder unterschrieb, wurde die Gewaltanwendung als letztes Mittel nicht ausgeschlossen.

  • Seine Aussage von Goslar war reines Wahlkampfgetöse, denn einen Tag zuvor erklärte Schröder, dass man über das Abstimmungsverhalten erst entscheiden kann, wenn der Punkt im Sicherheitsrat anstünde.
  • Am 5. Februar bestätigte Bundesverteidigungsminister Peter Struck, dass im Kriegsfall das Kontingent der Bundeswehr in Kuweit (die berühmten Füchse) von derzeit 59 auf 260 Soldaten aufgestockt werden soll.
  • Am 13. Februar informierte Struck den Bundestag darüber, dass die Türkei die angeforderte Unterstützung (Patriot-Raketen) erhalten werde.
  • Gestern startete die NATO die AWACS-Einsätz. Befehlshaber ist übrigens zur Zeit der deutsche Generalmajor Johann-Georg Dora.
  • Bundesaußenminister Joschka Fischer erklärte heute auf einem kleinen Parteitag der Grünen, dass ein Krieg nur das allerletzte Mittel sein dürfte; die kategorische Ablehnung der Vergangenheit ist das nicht.

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